‘Nascita di una dittatura’ (Tl.3 – Geburt einer Diktatur)
24 November 1972
(ID Teca [Archiv-ID]: F157942) Eine der wichtigsten Neuerungen der großen sechsteiligen Fernsehuntersuchung des bedeutenden Rai-Journalisten Sergio Zavoli über die faschistische Machtübernahme, die am 50. Jahrestag des Marsches auf Rom ausgestrahlt wurde, bestand darin, auch den Faschisten das Wort zu erteilen. Ihre Zeugenaussage sollte ein besseres Verständnis der Geschehnisse ermöglichen. Dies zeigt sich beispielhaft anhand eines Auszugs aus einem Interview mit dem Squadrista (Mitglied der faschistischen Sturmabteilungen) Dante Maria Tuninetti. Er erinnert sich darin an die Ursprünge, Methoden und Gründe für die Waffenlieferung an die Squadristi. Diese Folge wurde am Freitag, 24. November 1972 um 21 Uhr auf dem nationalen Sender ausgestrahlt.
Die Debatte über den Faschismus: De Felice und Mack Smith
Uno straordinario dibattito trasmesso sulla Rai in prima serata nel 1976. Renzo De Felice difende il proprio approccio all'interpretazione storiografica del fascismo dalle osservazioni dello storico inglese Denis Mack Smith.
Geschichtsschreibung

La marcia su Roma
Antonio Repaci, Rizzoli Repaci, ein Ermittlungsrichter, der an der piemontesischen Widerstandsbewegung teilgenommen hatte, veröffentlichte dieses Buch zunächst 1963 (mit dem Titel La marcia su Roma. Mito e realtà - Der Marsch auf Rom. Mythos und Wirklichkeit), um der Debatte über die Geschehnisse vom Oktober 1922 eine dokumentengestützte Basis zu geben. Bis dahin hatte man hauptsächlich auf persönliche Tagebücher und Memoiren zurückgegriffen, von denen einige wenig oder überhaupt nicht vertrauenswürdig waren (wie die von Emilio Lussu, die Apologie von Vittorio Emanuele III, herausgegeben von seinem Ex-Adjutanten Paolo Puntoni, oder die Erinnerungen von Badoglio). Obwohl in den vergangenen Jahrzehnten viele neue Quellen zugänglich gemacht wurden, ist die neue Ausgabe von 1972 von La marcia, angereichert mit sehr viel Archivmaterial, auch heute noch der grundlegende Text, um die Etappen der Entstehung der ersten Regierung Mussolini zu rekonstruieren.

I combattenti nel primo dopoguerra
Giovanni Sabbatucci, Laterza Das Buch von Sabbatucci, die erste (und einzige) kritische Monographie, die der kompletten Rekonstruktion des italienischen combattentismo (nationalistische Bewegung ehemaliger Frontkämpfer) nach 1918 gewidmet ist, bleibt mit der Distanz von vielen Jahren ein klassischer Text, um die Unruhen und Probleme der Nachkriegszeit zu verstehen. Sabbatucci analysiert die Dynamik (und die Widersprüche) der Welt der Veteranen und untersucht das Verbändewesen, die Presse, die Kultur und die Obsessionen der Zeit. Als erster zerstört er den Mythos von der Welt der Kriegsheimkehrer, die nationalistisch und faschistisch dominiert gewesen sei (typisch für die Propaganda des Ventennio).

La conquista del potere. Il fascismo dal 1919 al 1929
Adrian Lyttelton, Laterza Dieses Buch, eine Übersetzung der englischen Originalversion, die im Jahr zuvor erschienen war, ist auch heute noch ein kanonischer Text für Studien zur Entstehungsgeschichte der faschistischen Bewegung und der Geburt der Diktatur. Es bietet eine reichhaltige, zuvor unveröffentlichte Dokumentation, ist präzis und akkurat in der Rekonstruktion der Ereignisse und charakterisiert durch eine kritische und von politischer Passion freie Interpretation (eine Rarität im damaligen Italien). Das Buch von Lyttelton basiert auf einer kontinuierlichen Lesart: der Prozess der Untergrabung der liberalen Ordnung durch den Faschismus geschah über einen Zeitraum von zehn Jahren und endete erst 1929. Auch wenn diese Interpretation in späteren Jahrzehnten oft in Frage gestellt wurde, macht die Rekonstruktion Lytteltons der Anfangsphase der Konstruktion des faschistischen Staates und seine Aufmerksamkeit für kulturelle und ökonomische Faktoren das Buch zu einem Pionierwerk.

Intervista sul fascismo
Renzo De Felice, Michael Ledeen, Einaudi Mit sechs Neuauflagen in nur einem Jahr war lntervista sul fascismo – Interview über den Faschismus – der bekannteste und einflussreichste Text in der öffentlichen Debatte jener Jahre, auch wenn ein Teil seines Erfolgs sicher der Folge der Polemik zu schulden ist, die 1974 auf die Veröffentlichung des vierten Bandes der Mussolini-Biographie folgte (Gli anni del consenso 1929-1936 – die Jahre der Zustimmung). Nach der Interpretation von De Felice, die im folgenden Band verstärkt wurde und über die seine Schüler viele Aufsätze schrieben, war das Italiens Mussolinis ein nationalistisches Regime, vor allem illiberal und traditionell konservativ, aber ohne totalitäre Ansprüche - ein Regime, das im Laufe der Jahre einen Massenkonsens erzielt hatte bei allen sozialen Schichten (vor allem bei der Mittelschicht, aber auch bei der Arbeiterschicht, die gestützt und bevorzugt wurde durch die Fürsorgepolitik des Staates), die im Regime vor allem einen Garanten für Sicherheit sahen, angesichts dessen die unterdrückte Freiheit sehr wenig zählte.

Le origini dell’ideologia fascista
Emilio Gentile, Laterza Als dieses Buch in der Originalversion erschien, war Emilio Gentile ein Schüler von De Felice und veröffentlichte gerade seine ersten Studien. Aber mit diesem Werk (das 20 Jahre später für eine Neuausgabe für den Verlag Il Mulino stark überarbeitet wurde) behauptete er sich bereits als einer der wegweisenden Historiker des italienischen Faschismus. Es gab seinerzeit nur wenige Wissenschaftler, die dem Faschismus eine eigene „Ideologie“ zuschrieben, d.h. ein Zusammenspiel von Mythen, Überzeugungen, aber auch Projekten zur Veränderung der Gesellschaft. Gentile kippte diese Vision, indem er die Genealogie der Obsessionen, aber auch die Aspirationen des Faschismus zurückverfolgte und so die Basis schuf für eine neue Interpretation des Regimes als totalitärem Experiment.
Kultur und Politik
Massaker an der Piazza della Loggia und dem Italicus
Während eines Protestes gegen den neofaschistischen Terrorismus auf der Piazza della Loggia in Brescia explodiert eine in einem Mülleimer versteckte Bombe. Acht Menschen sterben, 102 werden verwundet. verursacht die Explosion einer in einem Mülleimer versteckten Bombe den Tod von 8 Menschen und die Verwundung von weiteren 102. Nach jahrelangen Ermittlungen und TäuschungsAblenkungsmanövernversuchen werden einige Mitglieder der neofaschistischen Gruppe „Ordine Nuovo“ verurteilt. Im selben Jahr explodierte eine weitere Bombe im Italicus-Zug auf der Transitstrecke zwischen Bologna und Florenz; zwölf12 Menschen sterben und mehr als 40 werden verletzt. Das Land reagiert mit der Ausrufung eines Generalstreiks in den beiden vom Angriff betroffenen Städten am 6. August 1974 (wenige Tage vor dem 30. Jahrestag der Befreiung von Florenz am , 11. August 1944).
Renzo De Felice und Denis Mack Smith
Am 28. April um 20.45 Uhr auf überträgt Rai1 die Fernsehkonfrontation Fernsehdebatte zwischen dem Historiker Renzo De Felice, Autor einer monumentalen umfassenden Mussolini-Biografie, und Denis Mack Smith, einem englischen Historiker, der der breiten Öffentlichkeit für wegen seiner äußerst erfolgreichen Storia d’Italia (Geschichte Italiens) bekannt ist. De Felice wird vorgeworfen, die zwanzig 20-jährige Ära in profaschistischem und revisionistischem Sinne Jahre rehabilitieren zu wollen, Profaschismus und Revisionismus. Der Historiker aus Rieti (der in den 1930er Jahren hatte er denvom Faschismus als einer „modernen und revolutionären Bewegung“ genannt und von der einem Konsensbildung in der italienischen Gesellschaft sprachgesprochen, die der nicht allein auf die Unterdrückungsmaschinerie der Diktatur zurückzuführen warsei) wird konfrontiert mit der Theorie des Faschismus als "unvollkommenem Totalitarismus", der hinsichtlich Repression und Gewalt nicht mit dem nationalsozialistischen Regime vergleichbar ist.wird mit der Theorie des Faschismus als „unvollkommener Totalitarismus“, in Bezug auf Repression und Gewalt nicht mit dem nationalsozialistischen Regime vergleichbar.
Flucht von Herbert Kappler
SS-Oberstleutnant Herbert Kappler wird vom Militärgerichtshof in Rom wegen des Massakers an den Fosse Ardeatine zu lebenslanger Haft verurteilt (335 Geiseln, die waren am 24. März 1944 in verlassenen Puzzolana-Steinbrüchen am Stadtrand von Rom erschossen wuurden). Er kommt insund im Gaeta-Gefängnis inhaftiert und, flieht aus dem Militärkrankenhaus Celio, wo er wegen einer schweren Krankheit stationär aufgenommen wurde. Zahlreiche journalistische Recherchen sprechen von einer „Staatsflucht“, die von den italienischen Geheimdiensten unter Mitschuld Beteiligung der Andreotti-Regierung organisiert wurdeen „Staatsflucht“.